Kontext und Herausforderungen
Freiburg weist am meisten Pendler in der gesamten Westschweiz aus. Fast ein Viertel der Beschäftigten arbeitet in einem anderen Kanton und nur 15 % arbeiten in ihren Gemeinden. Dieser Befund ist beindruckend und weist den Mangel an verfügbaren Arbeitsplätzen in unserem Kanton aus. Es zeigt sich, dass mehrere Standorte in Freiburg als Schlafstädten bezeichnet werden können. Die geografische Lage auf halbem Weg zwischen Bern und Lausanne, Genf und Zürich, sowie die in Freiburg gelebte Zweisprachigkeit begünstigen das Pendeln. Sie sind für den Kanton sowohl in Bezug auf die Vielfalt, als auch in finanzieller Hinsicht, ein willkommener Vorteil. Schliesslich trägt auch der besonders starke demografische Aufschwung zu dieser Entwicklung bei.
In den letzten zwanzig Jahren ist das Bruttoinlandprodukt (BIP) des Kantons Freiburg stetig gewachsen. Da die Bevölkerung in ähnlichem Masse gewachsen ist, bleibt das BIP Pro-Kopf jedoch unverändert. In Bezug auf die Wettbewerbsfähigkeit (BIP pro Vollzeitäquivalent), liegt der Kanton immer noch leicht unter dem nationalen Durchschnitt. Dieser spezifische Indikator ist in den letzten Jahren jedoch stetig gestiegen.
Vom Freiburger BIP entfallen 69% auf den tertiären Sektor, 30% auf den sekundären und 1% auf den primären Sektor. Im Vergleich zu den anderen Westschweizer Kantonen ist der industrielle Sektor im Kanton Freiburg überdurchschnittlich stark ausgeprägt, während der tertiäre Sektor vergleichsweise schwächer ist.
Die Vielfalt unseres Wirtschaftsgefüges, seine geografische Lage, die Qualität der Ausbildung und die Zweisprachigkeit sind die wichtigsten Stärken unseres Kantons. Diese Qualitäten bewies in Zeiten der Wirtschaftskrise, in einem oder mehreren spezifischen Sektoren, eine besondere widerstandsfähig.
Lösungen
1.Eine diversifizierte, nachhaltige und innovative Wirtschaft, die unsere lokalen Traditionen, Werte und Produkte integriert.
Innovation, digitale Technologien, die Cluster “Energie und Gebäude”, sowie die “Agrar- und Ernährungswirtschaft”, sind Gegenstand besonderer Anstrengungen. Der Staat fördert durch ein angemessenes Steuersystem die Entwicklung bestehender Unternehmen (insbesondere KMU), sowie die Gründung neuer Unternehmen mit hoher Wertschöpfung. Der Kanton muss weiterhin die Verwendung lokaler Rohstoffe und deren Vermarktung in regionalen Kreisläufen unterstützen. Dies zum Beispiel mit einem Konjunkturprogramm welches Massnahmen zur Unterstützung des Freiburger Holzes, der Produktion von grüner, lokaler Energie, der Förderung lokaler Produkte in lokalen Kreisläufen, usw. umsetzt.
2.Aufrechterhaltung einer hohen Ausbildungsqualität und Förderung der Zweisprachigkeit
Die obligatorische Schule, die duale Ausbildung, die höheren Fachschulen und die Universität, sowie die Weiterbildung im Allgemeinen, muss die Umschulung und Weiterentwicklung von Kompetenzen der Freiburger Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ermöglichen. Die Zweisprachigkeit ist eine echte Chance für Freiburg und muss ausgebaut werden (zweisprachige Klassen, Immersionsaustausch, zweisprachiges Tandem usw.).
3.Der führende Schweizer Kanton in der Lebensmittelindustrie werden
Mit der Entwicklung einer echten Agrar- und Ernährungsstrategie die auf Nachhaltigkeit, Lebensmittelsicherheit, sowie lokale und regionale Produkte setzt, positioniert sich Freiburg als nationaler Leader in diesem Bereich. Die Entwicklung des Campus Grangeneuve und der AgriCo-Innovationspark in St Aubin stärken Freiburg als Kompetenzzentrum für Ausbildung, Beratung und Forschung. Dank der Zusammenarbeit mit Agroscope investiert der Kanton in neue Gebäude, welche innovativen Unternehmen am Standort St Aubin Platz bieten. Der Agrar- und Ernährungssektor, der fast 20 % unserer Arbeitsplätze ausmacht (Produktion, Verarbeitung, Vertrieb, Ausbildung, Forschung und Gastronomie), hat in der Krise seine Widerstandsfähigkeit und Notwendigkeit bewiesen (weitere Informationen, https://didiercastella.ch/de/der-staatsrat-entwickelt-seine-strategie-im-lebensmittelsektor-und-investiert-in-saint-aubin/). Andere Akteure wie der Tourismus können von dieser Entwicklung profitieren, wie das Projekt Bio Gemüse Seeland zeigt: https://www.laliberte.ch/info-regionale/grand-conseil/soutien-cantonal-pour-bio-gemuse-seeland-588713
4.Übermässige Bürokratie abbauen
Der Abbau des bürokratischen Aufwands für Unternehmen – insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) – ist eine wesentliche, aber sehr schwierige Aufgabe der Wirtschaftspolitik. In Zukunft muss die Belastung durch bürokratische Vorschriften systematisch gemessen und bewertet werden. Es muss als eine klare politische Priorität anerkannt werden, da sonst der Verwaltungsaufwand weiter exponentiell zunimmt. Zu diesem Zweck müssen Messkriterien festgelegt werden. Dazu gibt es verschiedene Modelle und ich schlage vor, den Ansatz der “Regulierungsfolgenabschätzung” (RFA) des Seco als Vorbild zu nehmen.